Ministerpräsident Stephan Weil rechnet mit der SPD ab

"Riesige Klatsche eingefahren"

 

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zieht sich nach mehr als 12 Jahren aus seinem Amt zurück - und äußert sich knallhart über seine Partei. Es war ein ungewohnt emotionaler, aber schonungsloser Auftritt zum Abschied. Nur wenige Tage vor seinem Rücktritt als Ministerpräsident Niedersachsens hat sich Stephan Weil beim Parteitag von seinen Genossen feiern lassen.

Stehende Ovationen, brandender Jubel, minutenlanger Applaus - nach mehr als zwölf Jahren als Regierungschef in Niedersachsen will Stephan Weil das Amt an noch Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) übergeben. Auf roten Pappschildern steht am Freitagabend in Hannover "Danke Stephan". Und auch der scheidende Ministerpräsident dankt seinen Weggefährten.

Schonungslos geht er mit seiner SPD ins Gericht: "Wir haben am 23. Februar eine riesige Klatsche eingefahren." Denn mit nur 16,4 Prozent hat die SPD das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Er sagte:"Eine Volkspartei zu sein - darauf gibt es kein Abo. Das ist Arbeit!"

Und weiter im Text hieß es: Die Partei müsse sich fragen: Für wen macht sie Politik? "Für Menschen, die hart arbeiten und sich an die Regeln halten." Das sei die Mehrheit der Bevölkerung, mit ihrer Unterstützung könne die SPD wieder Wahlen gewinnen. Das heißt: Es genügt einfach nicht, Politik für Randgruppen zu machen. "Die Summe der Minderheiten ergibt keine Mehrheit", betonte der Ministerpräsident.

Auch könne er nicht verstehen, aus welchem Grund das Thema Wirtschaft in der SPD häufig stiefmütterlich behandelt werde und in Parteiprogrammen unterrepräsentiert sei. Denn "je kompetenter wir bei Wirtschaft und Arbeit sind, desto erfolgreicher sind wir bei Wahlen", so Weil. "Diese Erkenntnis ist in unserer Partei nicht überall verbreitet."

Und Weil beschwor Zusammenhalt. "Eine Partei, die mit sich nicht im Reinen ist, hat keinen Erfolg", so sein Kredo. Und ein Parteivorsitzender sei doppelt so stark, wenn die Mitglieder solidarisch hinter ihm stünden.

Und dann seine Bitte: "Eure Unterstützung, die ich genossen habe, eins zu sein, auch Olaf Lies zu schenken", beschwor er die SPD-Mitglieder. Das wünschte er sich auch für den Bundesvorsitzenden und Vizekanzler Lars Klingbeil und für Matthias Miersch, neuer SPD-Fraktionschef im Bundestag.

Die Sozialdemokraten nominierten Stephan Weils designierten Nachfolger Olaf Lies einstimmig zum MP-Kandidaten. Am Dienstag soll er im Landtag gewählt werden..

Ministerpräsident Stephan Weil wird am Montag mit einem Zapfenstreich durch das Landeskommando der Bundeswehr verabschiedet. Das Heeresmusikkorps Hannover spielt neben dem Niedersachsenlied und der Nationalhymne das "Bürgerlied", "Die Moorsoldaten" und den Fury in the Slaugtherhouse-Klassiker "Won't Forget These Days". Diese Lieder hat sich der Ministerpräsident selbst ausgesucht.

Ute Micha, PreDiNo/Sigrid Lappe, HaWoFoto © Matthias Falk