Der Turm der Marktkirche ist ein Wahrzeichen Hannovers

Am heutigen Dienstag, 26. August, feiert die Marktkirche ihr Turm-Richtfest

 

Seit Herbst des vergangenen Jahres wird der 97 Meter hohe Turm aufgrund von Schäden am Mauerwerk saniert. Er wurde mit der gotischen Backstein-Hallenkirche im 14. Jahrhundert gebaut. Doch für die Turmspitze im Stil der Johanniskirche Lüneburg reichte das Geld der Bürgerinnen und Bürger Hannovers nicht. Im Jahr 1943 sank er, 14 Tage nachdem Phosphorbomben das Innere der Marktkirche ausgebrannt hatten, ganz langsam in sich zusammen. Niemand wurde verletzt. 1953 war der Turm wieder aufgerichtet, doch nicht alles im Inneren konnte rekonstruiert werden. Aus diesem Grund sind es silberne Metalltreppen, die oberhalb des Dachstuhls steil auf die nächste Ebene führen. Der mittelalterliche Dachstuhl selbst ist größtenteils erhalten geblieben, die Eichenholzbalken aus dem 14. Jahrhundert konnten dem Flammeninferno widerstehen.

„Bei der Restaurierung des Turmes sind wir nun an einem besonderen Punkt angelangt, vergleichbar mit dem Richtfest beim Hausbau", erklärte Martin Germeroth, Vorsitzender des Marktkirchen-Vorstands. "Deshalb wollen wir innehalten, um den Bauleuten und allen Unterstützern von Herzen danken. In gemeinsamer Anstrengung von Kirche, Denkmalschutz und hannoverscher Bürgerschaft bewahren wir ein Wahrzeichen unserer Stadt - ein Geschenk der Geschichte - für uns und für alle Generationen, die nach uns kommen. Dieses Projekt steht für unsere gemeinsame Zuversicht, die wir auch damit in die Zukunft weitertragen wollen."

 

Marc Blessing, Pastor an der Marktkirche, sagte: "Mit jeder Hand, die hier baut, wird mehr als ein Mauerwerk erhalten". "Es ist ein Ort, der seit Jahrhunderten zum Gebet ruft, Menschen sammelt, Zeit ansagt, vor Gefahren warnt, Vertrauen schenkt, ein starkes Hoffnungszeichen für unsere Stadt. Der Glockenturm läutet zum Gebet und Stille. Die Kosten von ca 1,2 bis 1,3 Millionen Euro liegen genauso wie die Arbeiten voll im Plan. Wir sind sehr dankbar“.

 

„Der Kirchturm zwischen Fernsehturm und Bank ist für mich ein Fingerzeig Gottes, er fragt auch nach der inneren Mitte unserer Stadt", so Stadtsuperintendant Rainer Müller-Brandes.

Von links: Pastor Marc Blessing, Ev.-luth. Marktkirche St. Georgii et Jacobi, Martin Germeroth, Vorstand der Marktkirchen-Gemeinde und  Architekt Wolfgang von Reitzenstein, Amt für Bau- und Kunstpflege Hannover


Die Gemeinde feiert bei einer kurzen Zeremonie vor der Marktkirche mit dem traditionellen Richtspruch der Handwerker den symbolischen Höhepunkt der Sanierung. Dabei wird eine kleine Zeitkapsel mit einer Tageszeitung sowie zeitaktuellen Dokumenten in den Turm eingebracht. An die Feier schloß sich ein Empfang an, es bestand auch die Möglichkeit, auf den Turm zu steigen.

Für die Ewigkeit festgehalten: Alle am Bau Beteiligten unterzeichnen den denkwürdigen Vertrag.

Pastor Blessing und der Künstler Sebastian Peetz befüllen die Zeitkapsel mit Dokumenten und einem Bleistift . 

Maßnahmen für die Ewigkeit: Die Zeitkapsel wird eingemauert. Eingemeißelte Gravuren und verbaute Backsteine sind als Zeitzeugen .


Während der Sanierungsarbeiten wurden lose beziehungsweise bröckelnde Backsteine ausgetauscht, die herabzufallen drohten. „An der Ost- und Südfassade des Turms ist das Mauerwerk in Höhe der Glockenstube und der Steingiebel jetzt wieder hergestellt", erklärte Architekt Wolfgang von Reitzenstein vom landeskirchlichen Amt für Bau- und Kunstpflege. Und die Westseite, die am stärksten beschädigt war, sei zur Hälfte saniert, die Nordseite werde demnächst in Angriff genommen (es sollen 5 0000 Backsteine verbaut werden).

Ganz wichtig: Die Arbeiten werden von ortsansässigen Firmen mit hoher Expertise durchgeführt. So mussten beispielsweise die neu hergestellten Ziegel (einer wiegt rund 8 Kilogramm) den Merkmalen der alten genau entsprechen, so von Reitzenstein. Des Weiteren weist er darauf hin, dass die Ergebnisse der begleitenden Bauforschung in diesem Herbst vom Landesamt für Denkmalpflege veröffentlicht werden. Und interessant ist: Ein Team um eine Professorin für Baugeschichte der Universität Cottbus hatte den Turm vor Beginn der Sanierungsarbeiten untersucht. „In seiner mehr als 600-jährigen Geschichte ist dies die erste baugeschichtliche Bestandsaufnahme am Turm", sagte von Reitzenstein.

Das Bauvorhaben ist eine der größten Erhaltungsmaßnahmen an der Kirche seit der Dachsanierung vor 30 Jahren.


Die Bauschäden sind auf Witterungseinflüsse, Staub und Abgase zurückzuführen, die das Mauerwerk porös gemacht haben. Voraussichtlich werden die Sanierungsarbeiten zwei Jahre dauern. Von den Baukosten, die sich zwischen 1,25 bis 1,30 Millionen Euro belaufen, trägt die hannoversche Landeskirche rund 500 000 Euro. Von der Denkmalpflege des Bundes kommen rund 450 000 Euro, und die Stadt Hannover als Patronin der Marktkirche beteiligt sich mit 300 000 Euro.


Das Baugerüst, das für die Sanierung errichtet wurde, dient gleichzeitig als Kunstfläche. Es wurde mit einem 1 200 Quadratmeter großen Kunstwerk des Künstlers Sebastian Peetz geschmückt, das sich aus religiösen, wissenschaftlichen und kulturellen Themen zusammensetzt.
 

Ute Micha, PreDiNo/Sigrid Lappe, HaWo/Fotos © Matthias Falk, hannover_fotografie