Hannover lobt „Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration“ aus

Ausstellung im Sprengel Museum würdigt die große Künstlerin


Die Landeshauptstadt Hannover (LHH) vergibt erstmals den „Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration“. Der mit 20.000 Euro dotierte Preis würdigt zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die in enger Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten ein herausragendes Werk oder Projekt realisiert haben. Der Preis wird alle drei Jahre in den Bereichen bildende Kunst, Fotografie sowie Textproduktion, Illustration und Verlagswesen ausgelobt.

Eva Bender, Dezernentin für Bildung und Kultur und Jurymitglied: „Mit dem ‚Käte Steinitz Preis für künstlerische Kollaboration‘ lenken wir die Aufmerksamkeit auf eine Künstlerin, die in vielem ihrer Zeit voraus und eine wichtige Ideengeberin in die damalige Kunstszene dieser Stadt war. Gleichzeitig schlagen wir einen Bogen zur Gegenwart und betonen die Bedeutung des Zusammenhalts und des gemeinsamen Schaffens in der Kunst, weit über die Kulturstadt Hannover hinaus.“

Jurymitglied und Direktor des Sprengel Museum Hannover, Reinhard Spieler: „Arbeiten, die aus einer kreativen Kollaboration heraus entstehen und neue künstlerische Perspektiven eröffnen, sollen mit dem Preis bedacht werden. Der Preis legt Wert auf eine breite Streuung der Kunstgattungen und ihrer Verquickung – ähnlich der Arbeitsweise von Käte Steinitz, die in den 1920er-Jahren maßgeblich an Künstlerfesten in Hannover, wie 1928 bei ‚Zinnober‘ beteiligt war. Eine legendäre Veranstaltung und Mischung aus Kunstausstellung, Theater, Musik und Performance!“

Bild links: Unbekannte Fotografin oder unbekannter Fotograf: Käte Steinitz mit aufgestützter Hand(1940/1945)

Bild rechts: © Herling/Herling, Werner, Sprengel Museum Hannover, Käte Steinitz: ohne Titel (Eisstand auf der Weltausstellung auf der Weltausstellung 1939 in New York

 

Der Preis soll die Erinnerung an Käte Steinitz und ihr künstlerisches sowie gesellschaftliches Wirken lebendig halten. Steinitz (geboren 1889 in Beuthen, gestorben 1975 in Los Angeles) war eine einflussreiche Künstlerin, Autorin, Fotografin und Kunstwissenschaftlerin. In Hannover arbeitete sie eng mit Kurt Schwitters zusammen und engagierte sich aktiv in der Avantgarde-Szene der 1920er-Jahre. Trotz ihrer erzwungenen Emigration 1936 blieb sie eine bedeutende Stimme für die Moderne Kunst.


Isabel Schulz, Ideengeberin für den Preis und Leiterin des Kurt Schwitters Archivs sagt: „Der Preis geht auf eine der spannendsten Persönlichkeiten des kulturellen Lebens in Hannover der 1920er-Jahre zurück. Käte Steinitz war eine herausragende Künstlerin und Netzwerkerin, die mit ihrer Offenheit und ihrem visionären Denken bedeutende Impulse für die Kunstszene setzte. Ihr Werk und ihre künstlerischen Kollaborationen werden jetzt erst in vollem Umfang bekannt, und ihr lebenslanges Engagement für zeitgenössische Kunst verdient es, nicht in Vergessenheit zu geraten. Mit diesem Preis erinnern wir an ihr außergewöhnliches Schaffen und ihre inspirierende Rolle als Vermittlerin der Avantgarde“. 


Die Jury für den Käte Steinitz Preis setzt sich aus Persönlichkeiten der Kunst- und Kulturszene zusammen: Eva Bender, Reinhard Spieler, Claudia Emmert, Direktorin Kunstmuseum Bonn, dem Schriftsteller Arne Rautenberg, der Kulturmanagerin und Intendantin Elisabeth Schweeger und Bodo Busse, designierter Intendant der Staatsoper Hannover.

 

Mit der Ausstellung „Käte Steinitz. Von Hannover nach Los Angeles“ wird vom 22. Oktober 2025 bis 25. Januar 2026 im Sprengel Museum das Schaffen der Künstlerin und ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt.

2018 erhielt das Museum den umfangreichen Teilnachlass als Schenkung der „Steinitz Family Art Collection“. Er umfasst rund zweitausend bildnerische Arbeiten aus mehr als sechs Jahrzehnten, darunter expressionistische Hinterglasbilder, farbige Zeichnungen und das - nun erstmals erschlossene - fotografische Werk.

 

Am 7. April wird um 16 Uhr am Haus Georgstraße 54 (Haus Basse, früher Hausnummer 34) eine Stadttafel enthüllt. Käte Steinitz etablierte dort in ihrer repräsentativen Wohnung einen Salon, in dem sie Freunde und Bekannte, Honoratioren sowie Künstlerinnen und Künstler, darunter zahlreiche Vertreterinnen und Vertretern der Avantgarde empfing. Am 7. April jährt sich ihr Todestag zum 50. Mal.

Sie war Künstlerin, Fotografin, Autorin, Verlegerin, Kunstwissenschaftlerin und Mäzenatin.

Sie lebte von 1917 bis zur erzwungenen Emigration ihrer jüdischen Familie 1936 in Hannover und gehörte zu den wenigen professionellen, öffentlich anerkannten Künstlerinnen der Stadt während der Weimarer Republik. Sie kollaborierte eng mit dem hannoverschen Merzkünstler Kurt Schwitters und engagierte sich im Umkreis der Kestner Gesellschaft und der GEDOK.

Ihr Gästebuch (seit 1977 städtischer Besitz) dokumentiert den für internationale Kulturschaffende offenen Salon der Familie. Ihre Persönlichkeit, ihr künstlerisches wie gesellschaftliches Wirken haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich Hannover in den 1920er-Jahren zu einem lebendigen Zentrum der zeitgenössischen Kunst entwickelte.

1969 wurde Steinitz das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland verliehen, da sie auch im Exil und nach 1945 weiterhin als einflussreiche Kommunikatorin und engagierte Fürsprecherin für die Moderne und die aktuelle Kunst gewirkt hat.

Ihr Name ist zwar nie vollkommen in Vergessenheit geraten, doch ist er, wie auch ihr eigenes künstlerisches Werk, im Bewusstsein der Öffentlichkeit kaum präsent. Insbesondere die Leistungen von Künstlerinnen im Umkreis der Avantgarde wurden lange aus der Geschichtsschreibung ausgeschlossen.


Titelabb. (Ausschnitt): Käte Steinitz: Backstroke, 1930, Glasnegativ, 9 x 12 cm, Sprengel Museum Hannover, 2018 Schenkung Steinitz Family Art Collection


Ute Micha, PreDiNo/Sigrid Lappe